AUSGABE 7
WUT
Zu Sophie Dannenberg: DAS BLEICHE HERZ DER REVOLUTION. dva
Dieses Buch haben wir mit wachsender Verstimmung gelesen. Der Grund dafür ergab sich rasch: Sophie Dannenberg will Vergeltung üben an jener fatalen Generation der 68-er, aus denen sich anscheinend auch ihre eigenen Eltern rekrutierten. Gegen das Motiv haben wir nichts, im Gegenteil. Wenn alles stimmt, was die Autorin berichtet, dürfte ihre seelische Beschädigung lebenslänglich therapieresistent bleiben. Aber reicht solch ein Haß, so berechtigt er auch sei, für einen Roman? Leider nein. Das Herz der Autorin ist derart vom Ressentiment zerfressen, daß die narrative Transformation nicht gelingt. Fräulein Dannenberg hat ihren Stoff nicht im Griff. Nicht die Stimme eines erzählenden Mediums spricht zu uns, sondern die Wut der Autorin in Form einer resignierenden Verachtung. Das Ergebnis ist eine Aneinanderreihung diffamierender Klischees, vor Kalauern wird nicht zurückgeschreckt. Jegliche epische Illusion wird im Keim vernichtet. Die Autorin verachtet nicht nur ihre Protagonisten, das verstehen wir, sie hält auch den Leser für dumm. Möglicherweise hat sie geglaubt, eine gesellschaftlich-politische Satire zu verfassen, dieser Irrglaube gäbe dann dem Buch den Rest.
Die am Klischee klebende Unfähigkeit zur Narration hat ja auch die fatale Folge, daß dieser Text an jeder Stelle vollkommen durchsichtig ist, keine Frage bleibt offen. In der Welt dieses Textes sind die Rollen eindeutig verteilt, alles ist vorhersehbar: rechts, links, böse, gut, rot, schwarz. Es gibt keine Überraschungen, nichts Neues, nichts Hintergründiges, nichts Doppelbödiges oder Ambivalentes, wir haben Ähnliches schon hundertmal gehört und gelesen. Selten fanden wir allerdings Bücher, die sprachlich so unbedarft waren, in der Dialoge so hölzern schepperten wie hier, und dafür hält die Entschuldigung der Wut und der persönlichen Betroffenheit nicht mehr her. Hier ist schlicht Unfähigkeit am Werk. Unfähigkeit hat selbstverständlich nichts mit persönlicher Schuld zu tun, fehlendes Talent läßt sich eben doch nicht durch Fleiß ersetzen, wir machen also Fräulein Dannenberg keinen Vorwurf. Der Vorwurf wendet sich gegen den literarischen Betrieb, der solche Bücher fördert, und den Autoren damit das Gefühl gibt, sie seien aufgenommen in den Olymp der Literatur.
Hätte Fräulein Dannenberg einen nüchternen Bericht ohne fiktionale Verkrampfungen dessen abgeliefert, was ihr von ihren tollen 68-er Eltern angetan wurde, wir hätten ihr Hände und Füße geküßt. Daraus wird nun leider nichts.
Rita Rundschlag
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